Vietnam profiliert sich in Südostasien als Freihandelspartner

Hanoi 24.08.2015

Vietnam verpflichtet sich zu noch mehr Freihandel und bietet ausländischen Firmen einen der offensten Marktzugänge in Asien. Ursprungswaren aus Vietnam erhalten begünstigte Zugänge zu den drei größten Wirtschaftsräumen der Welt.

 

Internationale Investoren, die sich in der Region umschauen, können das Geflecht an Freihandelsverträgen mit den vergleichsweise niedrigen Produktionskosten kombinieren. Zwei Faktoren durch die sich Vietnam als Alternative zur VR China auszeichnet.

In- und ausländische Firmen investieren in jüngster Zeit in neue Werke am Standort Vietnam, um von den vielzähligen Freihandelsabkommen (FTA) des Landes zu profitieren. Sie bieten sowohl Vorteile bei Exportgeschäften als auch beim Einkauf in Freihandelspartnerländern.

Vietnam benötigt eine vollständige Wertschöpfungskette, damit sich seine Ursprungswaren für die FTA-Präferenzen der Handelspartner qualifizieren. Ausländische Investoren setzen auf bestehende und kommende FTA und investieren beispielsweise in die Bekleidungs- und Textilbranchen. Werke zur Fertigung von Textilfasern und Garnen entstehen, um die steigende Nachfrage nach Materialien der expandierenden Bekleidungsfirmen zu bedienen.

Neben den Freihandelsabkommen kann Vietnam durch relativ günstige Arbeitskosten bei ausländischen Investoren punkten. Gemäß einer Umfrage der japanischen Außenhandelsorganisation JETRO liegen die Löhne von vietnamesischen Arbeitern um rund zwei Drittel unter dem Niveau in der VR China, dem engsten Wettbewerber um ausländische Direktinvestitionen. Bei Fachangestellten fallen die Gehälter im Durchschnitt um etwa die Hälfte niedriger aus. Wirtschaftsverbände stellen seit längerem Verlagerungen von arbeitsintensiven Produktionen aus China fest.

Freihandel mit den größten Wirtschaftsregionen möglich

Mit China ist Vietnam seit 2010 über die ASEAN-China Free Trade Area verbunden. Die meisten Zölle zwischen China und den ASEAN-Staaten (Association of Southeast Asian Nations) werden bis 2020 schrittweise auf null gesenkt. Auch die ASEAN Economic Community (AEC), die Ende 2015 in Kraft treten wird, ermöglicht weitgehend zollfreien Warenverkehr in Südostasien. Die meisten Güter können dann zollfrei zwischen den zehn ASEAN-Mitgliedern gehandelt werden.

Das vietnamesische Finanzministerium (MoF) hat Anfang 2015 insgesamt 8.574 Zolltarifpositionen im Rahmen des ASEAN Trade in Goods Agreement (ATIGA) von Abgaben befreit; das heißt rund 90 Prozent seiner Tariflinien (siehe hier).

Bis Ende 2018 wird das Ministerium keine Zölle mehr auf weitere 669 Warenpositionen wie Stahlprodukte, Papiere, Maschinen, Baustoffe, Kfz und Kfz-Teile aus ASEAN-Ländern erheben. Zollexperten weisen indes darauf hin, dass innerhalb der AEC noch nichttarifäre Barrieren (NTB) wie komplexe Einfuhrverfahren und verworrene Importgenehmigungen zu beseitigen seien.

Ein FTA mit der EU wird spätestens 2018 in Kraft treten. Es wird europäischen Firmen den Marktzugang durch den Abbau von Zöllen und NTB stark erleichtern. Es ist das umfassendste Abkommen, das Vietnam bislang abgeschlossen hat (siehe hier). Damit bietet sich Vietnam für Europa als lukrative Alternative gegenüber seinem großen Nachbarn an. Mit der VR China verhandelt die EU seit 2013 nur über ein Investitionsabkommen, das Schranken für europäische Investoren und Wettbewerbsnachteile abbauen soll.

Großes Interesse an Öffnung amerikanischer Märkte

Den Zugang zu den nordamerikanischen Märkten kann das Trans-Pacific Partnership (TPP) Abkommen ermöglichen. Die VR China nimmt nicht am TPP teil. Vietnam ist unter den TPP-Ländern (USA, Australien, Peru, Vietnam, Malaysia, Mexico, Kanada, Japan, Brunei, Chile, Neuseeland und Singapur) das am wenigsten entwickelte Land und kann aufgrund seiner besonderen Kostenvorteile stark vom TPP profitieren. Das Schwellenland konkurriert bei arbeitsintensiver Fertigung und beim Zugang zu den nordamerikanischen Märkten höchstens mit Mexiko. Die zwölf TPP-Verhandlungspartner hoffen, noch 2015 ein unterschriftreifes Werk vorlegen zu können.

Einerseits würde das TPP die vietnamesischen Ausfuhren stark ankurbeln, anderseits würde es gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Einige Waren aus Vietnam werden sich aufgrund eines nicht ausreichenden "local Content" oder der schwierigen Dokumentationspflichten zunächst nicht für die Präferenzen des TPP qualifizieren können.

Vietnam kann mit weiteren Freihandelsverträgen punkten

Die FTA-Verhandlungen mit der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), der Norwegen, die Schweiz, Island und Liechtenstein angehören, sind dem Vernehmen nach relativ weit fortgeschritten. Die 13. Verhandlungsrunde ist für Oktober 2015 angesetzt. Das Abkommen werde - ähnlich wie das mit der EU - umfassend die Märkte öffnen. Außer den Zollbefreiungen wird es den Zugang zu Dienstleistungen, den Schutz von Investitionen und geistigem Eigentum regeln, internationale Standards implementieren und die Teilnahme an öffentlichen Beschaffungen erleichtern.

Vietnam und Korea (Rep.) vereinbarten im Mai 2015 ein FTA, das noch im selben Jahr in Kraft treten soll. Vietnam wird über einen Zeitraum von 15 Jahren 90 Prozentseiner Tariflinien von Zollabgaben befreien, während sich Südkorea zu 95 Prozent verpflichtet hat. Es handelt sich nach Ansicht von Experten um ein weniger tiefgreifendes Abkommen als das zwischen der EU und Vietnam, ermöglicht südkoreanischen Unternehmen aber größere Vorteile als das ASEAN-Korea Free Trade Agreement (AKFTA).

(Quelle:GTAI)