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So war´s: Unternehmerreise Saudi-Arabien

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Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Saudi-Arabien schätzt, dass sich derzeit 400 bis 500 deutsche Unternehmen aktiv mit Saudi-Arabien beschäftigen. Dabei sind es allerdings oft die so genannten Global Player, die dort tätig sind. Dies liegt wohl hauptsächlich daran, dass es ungleich weniger Marktinformationen als für andere Regionen oder Länder gibt. Auch ist das Land sehr konservativ geprägt und fest mit dem Islam verbunden, was sicherlich zu Unsicherheiten bei ausländischen Unternehmen bzw. Investoren führt. Von außen betrachtet können sich viele Firmen nicht vorstellen, in welchen anderen Bereichen außerhalb des klassischen Ölsektors Unternehmen tätig sind und international agierenden Firmen Chancen bieten können.
 
Saudi-Arabiens diversifizierte Wirtschaft bietet Chancen
Als weltweit größter Erdölexporteuer ist das arabische Land nicht nur erfolgreich im Erdölsektor tätig. Auch beispielsweise Erdgas oder die Exploration von unterschiedlichen Bodenschätzen, wie z. B. Gold, sind wichtige Säulen der saudi-arabischen Wirtschaft. Es werden auch weiterhin neue Ölfelder erschlossen. Die petrochemische Industrie dominiert  jedoch das Wirtschaftsgeschehen des Landes. Auch in Industriesektoren, wie z. B. der erdölverarbeitenden Industrie, ist Saudi-Arabien erfolgreich tätig. Dementsprechend kann der Kunststoffsektor für deutsche Markenlieferanten ein lukrativer Markt sein. Die staatlichen Ausgaben in Bereichen wie Infrastruktur, Energie- und Wasserversorgung, Bildung und Gesundheit machen das muslimische Land für deutsche Anbieter extrem spannend. Derzeit durchlebt Saudi-Arabien eine Phase des Baubooms. Ganze Städte werden aus dem Erdboden gestampft.
 
Darüber hinaus bieten zahlreiche Projekte im Bereich Krankenhausbau gleichermaßen interessante Chancen für den Bau- wie den Medizinbereich. Der Bereich der erneuerbaren Energien steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Dafür wird im Elektrobereich ungebremst am Ausbau der Kraftwerkkapazitäten gearbeitet. Das Wachstum im Bereich des Maschinen- und Anlagenmarktes bleibt vorerst hoch und verspricht wohl auch weiterhin gute Chancen für ausländische Anbieter. Obwohl Saudi-Arabien derzeit immer noch stark durch die Petrochemie dominiert wird, ist dennoch festzustellen, dass das Land bereits erfolgreich seine Wirtschaft diversifizieren konnte. Das macht den Wüstenstaat für ausländische Unternehmen unterschiedlicher Branchen durchaus interessant.
 
Speed dating mittels Kooperationsbörse - 30 Gespräche mit saudischen Firmen
Im November 2013 führten die die IHK Würzburg-Schweinfurt und die IHK Nürnberg für Mittelfranken zusammen mit der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Riad, im Rahmen eines Projektes des Außenwirtschaftszentrums Bayern, eine Unternehmerreise mit Kooperationsbörse durch. Die Unternehmerreise wurde vom Bayerischen Wirtschaftsministerium finanziell gefördert. Firmenvertreter kleiner und mittlerer Unternehmen aus Bayern konnten sich vor Ort mit Unternehmern aus Saudi-Arabien ausführlich austauschen um Geschäftskontakte zu knüpfen. Den Reiseteilnehmern war es so möglich, sich selbst ein erstes Bild über die Potenziale aber auch die Stolpersteine des saudischen Marktes zu machen. Im Vorfeld zur Unternehmerreise recherchierte die Delegation der Deutschen Wirtschaft qualifizierte saudische Firmenkontakte, die auf das unternehmerische Profil der Reiseteilnehmer passten. Diese wurden dann zur Kooperationsbörse eingeladen. Die Kooperationsbörse ermöglichte den teilnehmenden bayerischen Firmen in kürzester Zeit insgesamt 30 Gespräche mit potenziellen saudischen Geschäftspartnern zu führen.
 
Vorteil für Deutschland
Saudi-Arabien durchläuft eine Phase, in der es sich zunehmend vom klassischen Lieferanten USA emanzipieren will. So werden derzeit alternative Lieferländer ausprobiert. Gegenüber Deutschland verbindet man in Saudi-Arabien eine positive Grundstimmung. So lassen sich viele Saudis in Deutschland medizinisch behandeln. Es werden von saudischer Seite immer mehr Immobilien in Deutschland erworben. Man schätzt den deutschen Fußball. Deutschland und insbesondere Produkte mit dem Label „Made in Germany“ werden privat, wie auch geschäftlich, von saudischer Seite sehr geschätzt. Anbieter von speziellen Dienstleistungen, die mit speziellem Know how verbunden sind, finden mit Saudi-Arabien einen Markt mit hoher Nachfrage, da es oftmals an saudischer Expertise fehlt. Das sehr große Interesse lokaler Auftraggeber an Produkten und Dienstleistungen mit „Made in Germany“ äußert sich leider nicht in der Bereitschaft einen signifikanten Preisaufschlag zu bezahlen. Dies muss deutschen Anbietern im Hinblick auf die starke asiatische Konkurrenz in Saudi-Arabien bewusst sein. Wichtig ist auch, zu wissen, dass deutsche Unternehmen oftmals nicht Hauptauftragnehmer, sondern ihre Rolle als Anbieter von Schlüsselkomponenten und –technologien verstehen müssen. In der logischen Konsequenz haben einfachere Technologien und Produkte deutscher Anbieter in Saudi-Arabien immer weniger Chancen.
 
Fazit
Im Rahmen der Kooperationsbörse stellten die beiden organisierenden bayerischen IHKs unisono fest, dass die saudischen Geschäftspartner nicht reserviert, sondern, ganz im Gegenteil, eher interessiert an Deutschland sind. Man gibt sich in Saudi Arabien westlichen Geschäftspartnern sehr aufgeschlossen, gastfreundlich und tolerant. Die arabische Halbinsel ist in schon sechs Flugstunden, nach einem allerdings etwas aufwändigeren Visaverfahren, zu erreichen. Der saudische Markt wird sich langfristig immer mehr öffnen. Die Reputation deutscher Produkte und Dienstleistungen ist hervorragend. Saudische Firmen sind zahlungskräftig. Der Marktzugang in Saudi-Arabien stellt kein unüberwindbares Hindernis dar, bedarf aber eines verstärkten Engagements und Ausdauer. Der Islam prägt nicht nur das kulturelle und religiöse Leben, er ist auch prägend für das gesellschaftliche Leben und hat auch Einfluss auf das Geschäftsleben. Deutsche Familienbetriebe sind bei den Saudis beliebt. Dies liegt darin begründet, dass die Strukturen und die besondere Perspektive familiengeführter Firmen bekannt sind. Ausländische Firmen mit Spezialwissen könnten derzeit keinen besseren Zeitpunkt für einen Markteinstieg in Saudi-Arabien wählen.
 
(Bericht:  Kurt Treumann, IHK Würzburg-Schweinfurt)