Zum Hauptinhalt springen

Go East: Ost-West-Forum Bayern - So war´s

Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer lud in seinem Grußwort die mittelständischen Unternehmen ein, die Angebote von IHKs und Wirtschaftsministerium zu nutzen. Der Freistaat unterstütze die Firmen zum Beispiel mit Messebeteiligungen. Um Perspektiven im Ost-West-Geschäft ging es bei einer Podiumsdiskussion, bei der Dr. Alfred Brunnbauer, Leiter International bei der IHK Regensburg, den Länderexperten auf den Zahn fühlte. Exportieren oder Investieren? Diese zentrale Frage stelle sich den Mittelständlern, wenn sie über einen Zielmarkt nachdenken.

Was ist mit Russland?

Die Frage nach den Geschäften mit Russland brennt angesichts der politischen Großwetterlage vielen Unternehmern unter den Nägeln. Die deutschen Exporte nach Russland seien seit den Sanktionen um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen. Jens Böhlmann von der AHK beobachtet, dass dennoch sehr wenige der rund 6.000 deutschen Unternehmen mit Kapital in Russland sich vom Markt zurückziehen. „Einige Unternehmen machen aus der Not eine Tugend und beginnen, in Russland zu produzieren.“ So sei der größte Milchbauer in Russland ein Deutscher. Oder die Unternehmen weichen auf Geschäftsfelder aus, die nicht sanktioniert seien, hier liefen die Geschäfte gut, etwa im Bereich Energie oder der chemischen Indsutrie, betonte Böhlmann. "Mutige gehen jetzt nach Russland", so der AHK-Experte. Russland selbst versuche, durch Exportsubstitution und Lokalisierung seine Wirtschaft zu diversifizieren. Ob das gelingt, darüber zeigen sich die Experten skeptisch. Rechtsexperte Dr. Andreas Knaul von Rödl und Partner in Moskau sieht keine großen Hindernisse für deutsche Investitionen im Land, im Gegenteil: „Wer jetzt kommt, erfreut sich größter Aufmerksamkeit.“ Dass zeitgleich zum Ost-West-Forum der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf Besuch in Moskau ist, werten die Russland-Experten als positives Signal. „Mit Bedacht investieren“, könnte man also die Eingangsfrage für den Zielmarkt Russland beantworten. Wer sich nicht ganz sicher ist, dem legt AHK-Experte Böhlmann die wenig genutzte Investitionsförderung des Bundes ans Herzen: „Die sichert Ihre Auslandsinvestition erst einmal zu 95 Prozent ab.“

Wirtschaftsmacht an der Weichsel

Für Polen ziehen die Experten derzeit die Export-Karte: „Noch vor einigen Jahren hatten wir viele Anfragen für Investitionen, das ist heute anders“, berichtet Michael Kern von der AHK in Warschau. Das hochentwickelte deutsche Nachbarland sei schon lange keine verlängerte Werkbank mehr, dafür aber ein interessanter Absatzmarkt. AHK-Mann Kern ermutigt deutsche Mittelständler im Abwasser- und Energiebereich zur Markterkundung. Im IT-Bereich positioniert sich Polen sehr stark. Auch Logistik, Transport, Schienen- und Straßeninfrastruktur seien neben der Automotive Bereiche, die lohnenswert scheinen. In die Bahn müsse kräftig investiert werden, der Transport auf Schienen sei derzeit nicht konkurrenzfähig, doppelt so teuer und halb so schnell wie in Deutschland, so Kern.

Durch den Regierungswechsel in Warschau diesen Sonntag könnte es die nächsten zwei Jahre mehr privaten Konsum geben. „Da müssen Wahlversprechen eingelöst werden“, schätzt Experte Kern. Polen sei auch deshalb für Deutschland interessant, da die Wirtschaft dort der hiesigen sehr ähnle. Polen ist ebenfalls sehr mittelstandsgeprägt, die Betriebe seien dabei im Schnitt sogar noch etwas kleiner als hierzulande. Die deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen werden sich nach Einschätzung Kerns in den nächsten Jahren weiter dynamisch entwickeln und zwar in beide Richtungen, wie auch Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer von Germany Trade & Invest (GTAI), anmerkt. Denn die ersten polnischen Unternehmen investieren jetzt sogar schon in Deutschland.

Sind die kleinen Tiger groß?

Lange galten die drei Baltischen Länder als die „kleinen Tigerstaaten“ der EU. Maren Diale-Schellschmidt von der AHK Baltische Staaten zeigte im Länder-Panel am Nachmittag eine überraschende Grafik. Bis kurz vor der weltweiten Finanzkrise wuchs das BIP in Estland, Lettland und Litauen um jährlich rund acht Prozent. Diese Entwicklung sei vor allem kredit- und immobiliengetrieben gewesen und konnte nicht gut ausgehen. Als die Blase platzte, schrumpfte das BIP in allen drei Ländern um 20 Prozent. „Doch schon 2014 verzeichneten die baltischen Länder wieder Vorkrisenniveau und weisen derzeit das größte Wirtschaftswachstum in der EU auf.“ In den letzten Jahren sei oft die Frage aufgekommen, was man von den baltischen Staaten bei der Überwindung von Krisen lernen könne. 

Die AHK-Expertin sieht die Wirtschaft im Baltikum jetzt besser aufgestellt, als vor der Krise. Auch wenn die drei Märkte mit zusammengerechnet nicht einmal 6,5 Millionen Konsumenten klein seien, böten sie für deutsche Firmen Chancen, etwa in der Energie-, Wasser- und Umwelttechnik und im Maschinenbau. Es sei darüber hinaus sehr einfach, sich im Baltikum anzusiedeln – das Investitionsklima sei hervorragend und niemand erwarte, dass man eine der drei komplizierten Landessprachen sprechen müsse. Englisch sei die Lingua franca fürs Geschäft und „Made in Germany“ gern gesehen. Auch im Bereich Produktionspartnerschaften oder Beschaffung böte sich das Baltikum als Standort an.

(Quellen: IHK Regensburg/AWZ)